Do 2.12.2021 ▪ 19 Uhr

Nationalsozialistisch motivierte Selbsttötungen in Kempten 1945

Vortrag von Dr. Gerhard Hölzle und Prof. Andreas Conca

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Über das Thema

Kempten, Ende April 1945:
Amerikanisches Militär befreit die Stadt vom Krieg. Manche, in den Nationalsozialismus Verstrickte, wählen in diesen Tagen, aber auch noch Monate später den Freitod. Nicht selten kommt es zu erweiterten Selbsttötungen, ausgelöst durch den Untergang des Deutschen Reichs bzw. des Nationalsozialismus.

Für die Einzelperson begründet sich die Selbsttötung in der Angst vor Bestrafung, in der Verzweiflung angesichts des Versagens, dem Nationalsozialismus erlegen zu sein, und in der Weigerung, das Leben ohne NS fortzusetzen.

In jedem Fall ist die persönliche Verstrickung im NS-Netz vor dem Hintergrund der außergewöhnlichen politischen und gesellschaftlichen Gesamtsituation von Frühjahr bis Herbst 1945 ausschlaggebend für den vermeintlichen Ausweg Selbsttötung.

Die kriminalpolizeilichen Protokolle, das Sterbebuch und die Friedhofsliste gaben dem Historiker Dr. Gerhard Hölzle (München) über die NS-Selbsttötungsfälle Auskunft.

Prof. Dr. Andreas Conca (Bozen) erläutert das Phänomen Selbsttötung aus psychiatrischer Sicht. Sechs Männer (ein SS-Mann, drei Beamte, ein Kaufmann, ein Arzt), die sich das Leben genommen haben, werden vorgestellt – kleine Leute, deren Bürgerleben ohne NS höchstwahrscheinlich einen ganz normalen, unscheinbaren Verlauf genommen hätte.


Über die Redner

Dr. Gerhard Hölzle, Foto: privat

Dr. Gerhard Hölzle studierte Germanistik und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), an der er auch promovierte. Die Arbeitsschwerpunkte des gebürtigen Kempteners sind örtlich in Kempten oder der Kulturlandschaft Allgäu sowie zeitlich in der Frühen Neuzeit oder der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angesiedelt.


Prof. Andreas Conca

Prof. Andreas Conca: Psychiater und Psychotherapeut, Direktor des Psychiatrischen Dienstes im akademischen Lehrkrankenhaus, Bozen und Koordinator des landesweiten Dienstes für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Südtirol; lehrt an der medizinischen Universität Innsbruck sowie an der theologischen Hochschule Brixen und der Universität Bozen und hat u.a. gemeinsam mit Dr. Hölzle zur Rolle der Psychiatrie im Nazionalsozialismus und Faschismus  (Rassengesetze, Projekt T4 und Kindereuthanasie) publiziert.